Montag, 13. August 2012

Ja, Herr Doktor

Söhnchen streckt mir seine verwundete Zehe hin, damit ich ein Pflaster darum wickeln kann. Ich erkenne dies als einen perfekten "teaching moment" und sage:

"Liebling, erinnerst Du Dich noch daran, wie ich vorhin mit Dir schimpfen musste, weil Du 'Kaka' zu mir gesagt hast? Wenn Du so etwas zu mir sagst, dann tut mir das weh, nicht an der Zehe, aber innendrin", und für den melodramatischen Effekt füge ich hinzu: "in meinem Herz tut das dann weh."

Söhnchen schaut sinnend auf seine bepflasterte Zehe. Das gibt ihm eine Idee - als echter kleiner Mann will er Probleme natürlich lieber lösen als sie zu besprechen:

"Willst Du ein Pflaster auf Dein Herz haben?"


Kindermund tut Wahrheit kund

Söhnchen kommt bester Laune zu uns ins Schlafzimmer und klettert zu mir ins Bett. Dann rümpft er aber seine kleine Nase:

"Mama, Du riechst!", verkündet er eine unangenehme Wahrheit. Er sieht aber sofort eine Lösung des Problems.

"Mama muss duschen", sagt er, um mich gleich darauf mit den Worten zu trösten:

"Mama is aber trotzdem kuschelig."

Donnerstag, 2. August 2012

Falscher Urlaub

Söhnchens neuer bester Kumpel Mark ist bereits in den Urlaub entschwunden, sehr zum Leidwesen unseres kleinen Mannes.

"Heute war Mark wieder nicht im Kindergarten!" erklärt er mir mittags empört.

Ich nicke. "Ja, der ist schon im Urlaub. Aber in zwei Wochen fahren wir auch in Urlaub.", versuche ich ihn darüber hinwegzutrösten.

Sein Gesichtchen leuchtet auf. "Ja, und im Urlaub treffen wir Mark!"

Ich muss lachen, aber erkläre dann schnell, dass wir in einen anderen Urlaub fahren, schliesslich will ich nicht drei Wochen lang Fragen beantworten, warum Mark immer noch nicht auftaucht.

Als Papa abends heimkommt, springt Söhnchen zu ihm und ruft: "Papa, Mark ist schon im Urlaub, aber da treffen wir ihn nicht, weil wir fahren in einen richtigen Urlaub!"



Mittwoch, 1. August 2012

Die Jugend von heute...

Wenn man so auf der Wasserscheide zwischen Jugend und Alter steht wie unsereiner und der Abstand von Anfang und Ende ungefähr gleich weit weg erscheint, dann häufen sich die Erlebnisse, bei denen ich hin- und hergerissen bin, wie ich reagieren möchte. Noch sind meine inneren Doppelgänger, das Mädchen und die Alte, gleich stark, aber ich fürchte das Gleichgewicht der Kräfte verschiebt sich jeden Tag mehr.

Gestern war wieder so ein Schicksalstag, ein Tag, an dem ich mich bei einem Gedanken erwischt habe, von dem ich früher überzeugt war, dass ich ihn nie nie nie selbst denken würde.

Die Kinder und ich durchstöberten unsere Bücherei. Ich liebe Bücher, unser Haus ist voll davon, und glücklicherweise haben beide Kids meine Bücherbegeisterung geerbt. Sie haben auch schon früh gelernt, dass ich sehr allergisch darauf reagiere, wenn man Bücher zerreisst, bekritzelt oder verknickt, und gehen dementsprechend gut mit ihnen um.

Söhnchen sass glücklich in der Kinderecke im Schaukelstuhl und blätterte in einem Buch. Da erschien ein Junge aus seiner Kindergartengruppe auf der Bildfläche. Das übliche grosse Hallo und Verbrüderung erfolgte, dann verzogen sich die beiden hinter ein Regal. Böses ahnend schlich ich ihnen nach und musste sehen, wie der Dreikäsehoch wahllos Bücher aus dem Regal auf den Boden warf. Ich ging hin und sagte: "Du, Bücher muss man achtsam behandeln, die müssen wir wieder einräumen." Und was entgegnete der Lausbub?

"Nein! Du redest nur Quatsch!", dreht sich um und rennt weg.

Und da sah ich die Alte in meinem Kopf, die mit dem Gehstock droht und zahnlos vor sich hin schimpft: "Die Jugend von heute wird immer frecher!"