Mittwoch, 1. August 2012

Die Jugend von heute...

Wenn man so auf der Wasserscheide zwischen Jugend und Alter steht wie unsereiner und der Abstand von Anfang und Ende ungefähr gleich weit weg erscheint, dann häufen sich die Erlebnisse, bei denen ich hin- und hergerissen bin, wie ich reagieren möchte. Noch sind meine inneren Doppelgänger, das Mädchen und die Alte, gleich stark, aber ich fürchte das Gleichgewicht der Kräfte verschiebt sich jeden Tag mehr.

Gestern war wieder so ein Schicksalstag, ein Tag, an dem ich mich bei einem Gedanken erwischt habe, von dem ich früher überzeugt war, dass ich ihn nie nie nie selbst denken würde.

Die Kinder und ich durchstöberten unsere Bücherei. Ich liebe Bücher, unser Haus ist voll davon, und glücklicherweise haben beide Kids meine Bücherbegeisterung geerbt. Sie haben auch schon früh gelernt, dass ich sehr allergisch darauf reagiere, wenn man Bücher zerreisst, bekritzelt oder verknickt, und gehen dementsprechend gut mit ihnen um.

Söhnchen sass glücklich in der Kinderecke im Schaukelstuhl und blätterte in einem Buch. Da erschien ein Junge aus seiner Kindergartengruppe auf der Bildfläche. Das übliche grosse Hallo und Verbrüderung erfolgte, dann verzogen sich die beiden hinter ein Regal. Böses ahnend schlich ich ihnen nach und musste sehen, wie der Dreikäsehoch wahllos Bücher aus dem Regal auf den Boden warf. Ich ging hin und sagte: "Du, Bücher muss man achtsam behandeln, die müssen wir wieder einräumen." Und was entgegnete der Lausbub?

"Nein! Du redest nur Quatsch!", dreht sich um und rennt weg.

Und da sah ich die Alte in meinem Kopf, die mit dem Gehstock droht und zahnlos vor sich hin schimpft: "Die Jugend von heute wird immer frecher!"

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